chinesische Medizin

chinesische Medizin
chinesische Medizin
 
[ç-]. Die Tradition des heilkundlichen Wissens ist bis ins 14./13. Jahrhundert v. Chr. zurückzuverfolgen; die ältesten Texte sind in der Sammlung Zuo-zhuan (Tso-chuan, etwa 540 v. Chr.) enthalten. Die in der Zeit des Taoismus (beginnend im 3. Jahrhundert v. Chr.) herausgebildete klassische chinesische Medizin steht in ihrer ganzheitlichen Betrachtungsweise, die das Krankheitsgeschehen als Störung eines universalen Gleichgewichts innerer und äußerer Kräfte, von Beziehungen zwischen Organen und deren stofflichen Elementen untereinander, zur Körperoberfläche und zum Makrokosmos auffasst, wesentlich unter den geistigen Voraussetzungen dieser Lehre. Krankheitslehre, Diagnostik und Therapie jedoch konnten sich durch eine jahrtausendealte Erfahrung zu einem hohen Wissensstand entwickeln. Für die Sammlung der Überlieferungen waren u. a. die Arzneibücher bedeutsam, die v. a. in der von Li Shizhen (Li Shih-chen, * 1518, ✝ 1593) verfassten klassische Heilkunde Ben-cao gang-mu (Pen-ts'ao kang-mu) von 1578 (lateinisch Materia medica) bis nach Europa Verbreitung fanden.
 
Das unter indischem und iranischem Einfluss stehende medizinische Wissen umfasste schon zur Qinzeit (221-206 v. Chr.) vielfältige diagnostische und therapeutische Kenntnisse (z. B. Pulsdiagnostik, Diätetik, Atemtherapie, Heilgymnastik, pflanzliche und mineralische Heilmittel). Das klassische Werk der inneren Medizin, Nei-jing (Nei-ching, »innere Krankheiten«), geht auf die Hanzeit (202 v. Chr. bis 220 n. Chr.) zurück. Methoden der Anästhesie mittels indischen Hanfs, die wohl auch zu operativen Eingriffen genutzt wurden, und die Einführung der Hydrotherapie gehen auf Yuanhua (Yüan-hua, eigentlich Hua Tuo, Hua T'o, ✝ 208 oder 220 n. Chr.), die klassische Darstellung der seit alters her bekannten Akupunktur auf Huangfu Mi (Huang-fu Mi, * 215, ✝ 282) und die durch Übersetzung ins Lateinische im Mittelalter bis in die europäische Medizin wirksame Beschreibung der diagnostischen Pulslehre (Sphygmologie) auf Wang Shuhe (Wang Shu-ho, 3. Jahrhundert) zurück. Zu den chirurgischen Fähigkeiten kamen in der Folgezeit auch die Staroperation und die orthopädische Behandlung von Knochenbrüchen hinzu; die Verwendung des Zahnamalgams zu Füllungen war schon früh bekannt. Eine erste Beschreibung der Pockenerkrankung geht auf Ge Hong (Ko Hung, * 281, ✝ 340) zurück, die (spekulative) Deutung der Lungentuberkulose als Infektionskrankheit auf den Philosophen Sun Simiao (Sun Ssu-miao, * 581, ✝ 682).
 
Das Gesundheitswesen stand frühzeitig unter staatlicher Kontrolle (Überwachung der ärztlichen Ausbildung seit 624, staatliche Arzneilisten ab dem 10. Jahrhundert); die breitere Berührung mit der europäischen Medizin ging von der sich erst im 18. Jahrhundert anbahnenden Vermittlung v. a. durch Missionare aus (1881 Gründung der ersten westlichen Medizinschule in Tientsin). Die klassischen Lehren haben jedoch auch heute noch entscheidendes Gewicht in der chinesischen Medizin; seit den 70er-Jahren fanden sie, v. a. in Form der Akupunktur, auch wieder Eingang in die westliche Medizin.
 
 
P. Huard u. Ming Wong: C. M. (a. d. Frz., 1968);
 M. Porkert: Die c. M. (1982);
 M. Porkert: Die theoret. Grundl. der c. M. (21982);
 L. Petersohn: C. M. ist mehr als Akupunktur (1985).

Universal-Lexikon. 2012.

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